Neues Deutschland vom 01-03-2005 ( pprint Ausgabe)

Nord-Süd

Westsahara im Visier von Energiemultis
Eine internationale Kampagne will die koloniale Ausbeutung stoppen
Von Axel Goldau

Die Ausbeutung der seit 1975 von Marokko besetzten Westsahara findet in Kooperation mit internationalen Konzernen statt.

Gestern begann „Western Sahara Resource Watch", ein Zusammenschluss der internationalen Solidarität aus 20 Ländern, eine weitere Kampagne gegen den US-Energie-Konzern Kerr-McGee. Die Initiatoren werfen dem in Oklahoma City/USA angesiedelten Konzern vor, an der völkerrechtswidrigen Plünderung von Öl- und Gas in der von Marokko besetzten Westsahara beteiligt zu sein.

Seit 1975 hält Marokko die ehemalige spanische Sahara-Kolonie völkerrechtswidrig besetzt &endash; die aktuellen Besatzungskosten betragen täglich zwischen 1-2 Millionen US-$! Seit 2001 werden die Küstengewässer der Kolonie im Auftrag von Kerr-McGee nach Öl und Gas abgesucht &endash; auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der staatlich-marokkanischen Ölgesellschaft ONAREP und dieses US-Unternehmens.

Mit der gestern begonnenen Kampagne wendet sich „Western Sahara Resource Watch" an die 600 größten Aktionäre des Unternehmens &endash; darunter 15 aus Deutschland &endash; mit der Forderung, Kerr-McGee dazu zu bewegen, den Vertrag mit dem Königreich Marokko nicht über den 1. Mai 2005 hinaus zu verlängern. Bis zu diesem Datum gilt der bestehende Vertrag.

Die Westsahara ist Afrikas letzte Kolonie. Obwohl völkerrechtlich dazu verpflichtet, hat die alte Kolonialmacht Spanien die Dekolonisierung verweigert und stattdessen Marokko, der neuen Kolonialmacht, das Gebiet übertragen. Seit 1991 gelingt es den Vereinten Nationen zwar, einen Waffenstillstand zwischen Marokko und der Frente POLISARIO aufrechtzuerhalten, nicht aber der Bevölkerung zu ihrem Selbstbestimmungsrecht zu verhelfen: Immer wieder hat Marokko ein längst überfälliges Referendum sabotieren können &endash; nicht zuletzt mit Hilfe Frankreichs und den USA.

„Es ist bemerkenswert, dass Kerr-McGee die politischen, rechtlichen und humanitären Dimensionen der Katastrophe, die es der kolonisierten Bevölkerung, den Sahrauis, antut, bis heute nicht begreift. Vor drei Jahren verweigerte das Unternehmen unsere Argumente zur Kenntnis zu nehmen. Jetzt wenden wir uns an seine Aktionäre, in der Hoffnung von einigen von ihnen Unterstützung zu erfahren", sagt Richard Knight, Mitglied der „Association of Concerned Africa Scholars" und Sprecher von „Western Sahara Resource Watch".

Übrigens haben bereits zwei Explorationsfirmen aufgrund ähnlicher Kampagnen entsprechende Verträge nicht weiter verlängert.

Unser Autor ist Redakteur der Kritischen Ökologie und Mitglied von „Western Sahara Resource Watch"

 


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